Standort Deutschland – Trend Report https://trendreport.de Redaktion und Zeitung für moderne Wirtschaft Tue, 25 Apr 2023 14:40:26 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.3.2 Trends in der nachhaltigen Geldanlage https://trendreport.de/trends-in-der-nachhaltigen-geldanlage/ Tue, 25 Apr 2023 14:40:26 +0000 https://trendreport.de/?p=41027 Die TREND-REPORT-Redaktion spricht mit Sascha Görlitz, Geschäftsführer beim Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V.  (FNG), über Impact-Investments, nachhaltige Geldanlagen und Investmentstrategien.

 

Interviewpartner: seit Januar 2022 ist Sascha Görlitz Geschäftsführer beim FNG.

Herr Görlitz, welche Trends machen Sie im Kontext nachhaltiger Geldanlagen aus?

Die Umsetzung der EU-Sustainable-Finance Gesetzgebung stellt auch 2023 weiterhin viele Produktanbieter vor immense Herausforderungen. Dabei tragen vor allem die zuletzt häufiger aufkommenden Greenwashing-Vorwürfe gegenüber Finanzprodukten zu einer Verunsicherung bei. Die gegenwärtige Unsicherheit in der Auslegung relevanter Rechtsakte ist sicherlich auch ein Grund für die Umklassifizierung vieler Fonds: in den letzten Monaten wurden eine Reihe von Fonds, die unter Art. 9 berichtet haben, zum Bericht unter Art. 8 umklassifiziert. Währenddessen steigt langsam das Bewusstsein der Branche für die Bedeutung von Biodiversität und die damit verbundenen Ökosystemleistungen – nicht nur im Hinblick auf den Klimawandel, sondern auch bezogen auf die globalen Wirtschaftsleistungen. Bisher berücksichtigen öffentliche und private Finanzströme diesen Umstand noch nicht ausreichend. Weiterhin steigt der Anteil privater Investoren an nachhaltigen Geldanlagen. 2022 zuletzt deutlich, hier konnten wir in unserem jährlichen Marktbericht ein Plus von 230% in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. Wir sind gespannt wie sich diese Entwicklung fortsetzen wird. Des Weiteren kommen immer mehr neue Instrumente mit einem Nachhaltigkeitsfokus auf den Markt, z.B. Sustainability-Linked-Bonds (SLB), bei denen finanzielle Charakteristiken von einer vorher festgelegten Zielerreichung, etwa dem prozentualen Zubau regenerativer Energien im Vergleich zum Vorjahr, abhängen.

Welche Rolle spielen Impact-Investments im Hinblick auf nachhaltige Geldanlagen und Investmentstrategien?

Zuletzt hat das Thema Wirkung für Anlegende an Bedeutung gewonnen. Bisher gibt es jedoch noch wenig Finanzprodukte, die dieses Interesse widerspiegeln. Daher machen Impact Investments bis dato nur einen kleinen Teil Nachhaltiger Geldanlagen aus. Zudem befindet sich ein Konsens darüber, was als Impact Investment gilt, noch in der Entwicklung. Bisherige Angaben beruhen daher auf Selbsteinschätzungen von Anbieter:innen. Wir vom FNG verstehen darunter, kurz gesagt, Investitionen, die neben einer finanziellen Rendite auch einen positiven Beitrag zur Lösung von ökologischen und/oder sozialen Problemen leisten. Dabei zeichnen sich Impact Investments für uns durch fünf Merkmale aus: die Intentionalität zu einer nachhaltigen Transformation der Wirtschaft beizutragen, die Zusätzlichkeit des positiven Beitrags, welcher signifikant sein soll und glaubhaft dargelegt werden muss sowie die Berücksichtigung negativer Beiträge, die Erläuterung der Wirkungskanäle, die Messbarkeit anhand dargelegter Kriterien und die Transparenz hinsichtlich der Berichterstattung.

ESG vs. Impact Investing: Wie können Anleger eine (wirkliche) nachhaltige Geldanlage finden?

Das ist schwer zu sagen, denn aktuell gibt es mehrere Definitionen von nachhaltigen Investitionen, z.B. auf EU-Ebene in der Offenlegungsverordnung und für „ökologisch nachhaltige Investitionen“ in der Taxonomieverordnung. Daher existiert ein breites Spektrum von Anlagestrategien. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist eine individuelle Auseinandersetzung mit dem Thema unumgänglich, denn es gibt sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber, was eine nachhaltige Geldanlage ausmacht. Daher bleibt es wichtig, die gewählten Strategien der Anbieter nachzuvollziehen und zu prüfen, ob diese mit den eigenen Vorstellungen einhergehen. Gute Orientierung bieten dabei SRI-Siegel, wie z.B. das FNG-Siegel oder das Österreichische Umweltzeichen. Einen Überblick auf Basis einer Selbstauskunft der Anbieter ermöglicht das FNG-Nachhaltigkeitsprofil, mit dem etwa nach präferierten Ausschlüssen der einzelnen ESG-Dimensionen gesucht werden kann. Hat man bereits eine engere Auswahl getroffen, kann bei Artikel 8 oder 9 Produkten gemäß der Offenlegungsverordnung auch der Anhang Vorvertragliche Informationen genutzt werden, um an detaillierte Auskünfte zu gelangen. Daneben kann die EU-Taxonomie Auskunft darüber geben in wie weit die vorgegebenen Ziele der EU verfolgt werden, allerdings ist die Berechnung der Quoten derzeit noch in der Findungsphase. Auch im Bereich Benchmarks stehen mit dem „Climate Transition Benchmark“ & dem „Paris Aligned Benchmark“ nun Orientierungshilfen zur Verfügung.

Welche Rolle spielen in diesem Kontext Impact-Fonds?

Bei Impact Investments im engeren Sinne steht die Entwicklung von Orientierungshilfen erst am Anfang. Hier existiert noch kein Branchenstandard in Form eines Labels. Erste Versuche dazu lassen sich bisher in der UK beobachten. Anlegenden bleibt daher gegenwärtig nichts anderes übrig, als sich mit den in Frage kommenden Fonds auseinanderzusetzen und die verfügbaren Informationen, etwa angesprochene Impact-Reports, zu prüfen und mit den eigenen Vorstellungen abzugleichen. Außerdem kann die Hilfe von Berater:innnen herangezogen werden. Die FNG-Definition von Impact Investments, einschließlich der fünf Impact-Merkmale, kann ebenso bei der Orientierung und Differenzierung helfen.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die aus Ihrer Publikation „Impact in der Praxis“
hervorgegangen sind?

Es hat sich gezeigt, dass auch im Bereich Impact Investments der Markt bereits vielfältige Anlageklassen anbietet. Diese reichen von Aktien-, Renten- und Misch-Fonds, hin zu Immobilien- und Mikrofinanzfonds sowie Private Debt und Private Equity-Produkten. Unsere Untersuchung der Praxisbeispiele hat gezeigt, dass vor allem ökologische und soziale Wirkungsziele verfolgt werden, die sich mehrheitlich nach den SDGs, den Sustainable Development Goals der UN, oder eigens formulierten Transformationszielen richten. Governance-Ziele hingegen wurden nur wenig angestrebt. Es hat sich auch gezeigt, dass als Wirkungskanal bei fast allen Praxisbeispielen Engagement genutzt wird, häufig auch Kapitalallokation. Herausforderungen liegen hierbei vor allem bei der Wirkungsmessung, denn die Taxonomie besitzt noch keine Marktreife. Deswegen nutzen Anbieter:innen meistens die SDGs als internationales Rahmenwerk. Da Wirkung auf unterschiedlichen Ebenen erfolgen kann, ist Transparenz unheimlich wichtig, um dem Vorwurf des Impact-Washings vorzubeugen. Meist geschieht das in Form einer festgelegten Berichterstattung. Transparenz bietet darüber hinaus auch die Chance zum Austausch, insbesondere zur Wirkungsmessung und um Informationsasymmetrien zwischen Finanzmarktteilnehmer:innen abzubauen.

Welche Assetklassen machen Sie noch aus?

Insgesamt findet in immer mehr Anlageklasse eine Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit statt. Für Aktien ist gegenwärtig eine vergleichsweise gute Datengrundlage verfügbar, auch Anleihen und Immobilien bieten mit einheitlichen Rahmenwerken Raum für Orientierung. Mikrofinanzfonds spielen besonders im Impact-Bereich eine große Rolle. Für Assetklassen wie Private Debt oder Private Equity sind ebenfalls Bemühungen ersichtlich, allerdings erschweren die fehlenden Berichterstattungspflichten privater Märkte, verglichen mit gelisteten Unternehmen, eine einheitliche Klassifizierung in der gesamten Breite des Marktes. Auch im Bereich der Alternativen Assets und der Derivate gibt es zunehmend Strategien, die eine Berücksichtigung der Nachhaltigkeit einfordern, auch ohne explizite regulatorische Pflicht. Gerade der Bereich Alternativer Investments, der auch Investitionen in Infrastruktur umfasst, kann ein geeigneter Ort für die gewünschte Wirkungserzielung sein.

Welche Richtlinien gibt es bereits für Impact Investments?

Von Seiten der Produktanbieter wird die Wirkung eines Produkts meist über die SDGs angegeben, aber auch die EU Taxonomie spielt hier ein zunehmende Rolle. Darüber hinaus gibt es z.B. die Operating Principles for Impact Management, welche sich ebenso großer Beliebtheit erfreuen. Ein von Allen anerkanntes Rahmenwerk gibt es im Moment nicht.

Mit welchen Veränderungen muss der Finanzsektor in den nächsten Jahren rechnen?

Da die Umsetzung der EU-Sustainable-Finance Gesetzgebung noch voll im Gange ist, sind aktuell viele Fragen offen. Diese Fragen werden sich aber nach und nach klären. Damit verbunden ist zum Beispiel die Schrittweise Erhöhung der Datenverfügbarkeit mit Inkrafttreten der CSRD und den Delegierten Rechtsakten, die noch zur Taxonomie-Verordnung der EU erwartet werden. Wir befinden uns aktuell in einer Situation, in der die Datengrundlage oft nicht ausreichend ist. Mittelfristig wird sich das ändern und es werden große Mengen an Daten verarbeitet werden können und auch müssen. Mit dem Erlass der Delegierten Rechtsakte zu den Umweltzielen 4 – 6 der Taxonomie-Verordnung werden dann auch Themen wie Biodiversität und Kreislaufwirtschaft an Relevanz für die Real- und Finanzwirtschaft gewinnen. Da aber auch die Überprüfung der Offenlegungsverordnung ansteht, sind neue Regulierungen hier mittelfristig durchaus denkbar, unter anderem auch, um Greenwashing Einhalt zu gebieten.

Nachhaltigkeitspräferenzen: Inwieweit verändert MiFID II die Finanzberatung?

Auch bei der Umsetzung der MiFID II – Änderungen vom 2. August 2022, die Berater:innen dazu verpflichtet die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kund:innen abzufragen, bestehen weiterhin Unsicherheiten. Neben der Befürchtung, dass der Fondsvertrieb unter gegenwärtigen Umständen nicht kostendeckend umgesetzt werden kann, hat sich ein erhöhter Weiterbildungsbedarf in der Beratung ergeben, da einige Berater:innen erstmals mit dem Thema Nachhaltigkeit in Berührung kommen. Erste Studien zeigen, dass die Umsetzung bisher noch nicht ausreichend stattgefunden hat und nicht immer der Abfragepflicht nach MiFID II in der Praxis nachgekommen wird. Wir begrüßen allerdings, dass kürzlich vom Bundesrat entschieden wurde, nun auch Finanzanlagenvermittler:innen und Honorar-Finanzanlagenberater:innen gemäß §34f und §34h der Gewerbeordnung in die Beratungspflicht zu inkludieren. Bislang waren diese von der Pflicht ausgenommen. Damit müssen nun deutschlandweit flächendeckend Nachhaltigkeitspräferenzen von Kund:innen nach MiFID II in Beratungsgesprächen abgefragt werden.

https://www.forum-ng.org/de/

 

 

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Warum ‟Made in Germany” ein Revival erleben wird https://trendreport.de/warum-made-in-germany-ein-revival-erleben-wird/ Tue, 23 Jun 2020 12:30:51 +0000 https://www.trendreport.de/?p=27671 Dies ist ein Gastbeitrag von Arasch Jalali, Gründer und CEO, Profishop

Die Coronakrise verändert unsere Wirtschaft. Für den Verbraucher begannen sich die Grundbedingungen vor allem zunächst im Bereich der Hygiene- und Gesundheitsartikel zu verändern. Insbesondere bei Atemschutzmasken, Einweghandschuhen und Desinfektionsmittel waren die Auswirkung des erhöhten Bedarfs deutlich zu sehen, denn zu Beginn der Pandemie konnte diese Nachfrage nur schwer gedeckt werden.

Problematisch wurde die Lage spätestens dann, als Medikamente teilweise knapp wurden, da diese bis dato oft in China und Indien hergestellt werden. Ebenfalls im Gedächtnis bleiben die teils leeren Regale im Supermarkt und der außergewöhnliche Ansturm auf bestimmte Lebensmittel oder Hygieneprodukte. Der Grund hierfür, war eine Zunahme von Hamsterkäufen, die dafür sorgten, dass alltägliche Waren wie Toilettenpapier oder Teigwaren schlagartig zu den beliebtesten Produkten der Deutschen avancierten. Zeitweilig konnten die Lieferanten und Hersteller diese erhöhte Nachfrage nicht bedienen.

Corona belastet globale Lieferketten

Doch die Pandemie lähmt auch andere Teile der Weltwirtschaft. Grund hierfür ist die Globalisierung und ihre vernetzten Waren- und Wirtschaftsmärkte, die in Zeiten von Grenzschließungen nicht mehr aufrecht zu erhalten sind. Ohne Frage brachte dieses Weltwirtschaftssystem großen Fortschritt, Freiheiten und Wohlstand. Jedoch offenbart die Krise auch die andere Seite der Medaille. Nämlich die Abhängigkeiten, nicht funktionierende Lieferketten und somit Engpässe sowie Preissteigerung. Die aktuelle Situation ist also Anlass genug, um den bisherigen Status Quo zu hinterfragen und eine Bilanz zu ziehen. Kann unsere Wirtschaft auch unter nachhaltigen Aspekten funktionieren?

Denn aus den Lieferengpässen und dem damit verbundenen Mangel an bestimmten Waren resultieren zeitweise Preissteigerungen für sonst erschwingliche Produkte wie Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel, aber auch Lebensmittel sind durch die Pandemie teurer geworden. Durch die Engpässe und Preisschwankungen ist die Diskussion über die Verlagerung der Produktionsstätten aus Asien in den europäischen, also dem Schengenraum, beflügelt worden. Denn im Gegensatz zum internationalen Raum kann der Handel mit dem europäischen Ausland auch in Krisenzeiten, in einem bestimmten Maße, aufrechterhalten und garantiert werden.

Produktionssicherheit wird wichtiger als Effizienz

Für viele Unternehmen ist dieser Schritt durchaus vorstellbar. Laut einer EY-Befragung zu globalen Lieferketten planen 36 Prozent der Konzerne, die eigenen globalen Lieferketten zu verändern, 58 Prozent müssen die aktuelle Situation erst neu bewerten. Nun, da in Deutschland die erste Welle der Pandemie abklingt, stellt sich die Frage nach den wirtschaftlichen sowie geopolitischen Auswirkungen. Denn Fakt ist: unsere Realität wird nach Corona eine andere sein wird als zuvor. In diesem „New Normal” könnte etwa die Produktionssicherheit wichtiger sein als es die Effizienz bisweilen war. Schließlich ist die Unabhängigkeit von internationalen Produktionsstätten in globalen Krisensituationen ein erheblicher Vorteil. Dies könnte bedeuten, dass Europa und Deutschland als Produktionsstandorte aufgewertet werden. Der weltberühmte Claim “Made in Germany”, der in der reinen Form fast keine Umsetzung mehr findet, könnte somit eine Art Revival erleben. 

Das Momentum nutzen

In zukünftigen Pandemien, Kriegen oder anderen unvorhersehbaren Szenarien, die vor allem der höheren Gewalt unterliegen, könnten Unternehmen mit einer solchen Rückverlagerung die externen Einflüsse auf ihre Geschäftstätigkeit minimieren. Anders gesagt, gewährleistet diese Maßnahme die Produktion auch in Krisenzeiten. Denn im Falle einer Krise wie der aktuellen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer termingerechten Lieferung. Vorteilhaft ist zudem, dass die hergestellten Produkten eben den heimischen bzw. europäischen Qualitätsstandards unterliegen, die meist höher sind als in Asien.

Positiver Effekt wäre zudem, dass Arbeitsplätze entstehen würden. Aber es gibt einen weiteren Punkt, der die Diskussion um das Thema Deglobalisierung vorantreibt. Schon lange vor der Krise hat sich ein Trend abgezeichnet, doch durch den Ausbruch von Covid-19 erfährt er ein Momentum: Menschen sind aktuell bereiter als zuvor für nachhaltig produzierte Produkte mehr zu zahlen. 44 Prozent der Deutschen sind laut Statista bereit, mindestens 10 Prozent mehr für nachhaltig produzierte Waren zu zahlen. Diese Bereitschaft würde der Verlagerung der Produktionsstätten nach Europa zugute kommen. Schließlich bedeutet eine Herstellung in Europa allein durch das Wegfallen der weiten Transportwege mehr Nachhaltigkeit. Aber auch stellt man sich somit problematischen Themen wie der unfairen Bezahlung von Angestellten in Dumpinglohnländern, die unter schlechten Bedingungen arbeiten müssen sowie der Schädigung der Umwelt aufgrund fehlender Auflagen.

Die derzeitige Krise verdeutlicht uns einmal mehr die Grenzen, unserer Art zu wirtschaften. Sie zeigt, was passiert, wenn wir uns auf die Globalisierung verlassen und nur Dumpingpreise für hiesige Dienstleistungen oder eben auch für Produkte aus Niedriglohnländern zahlen wollen. Die aktuelle Situation  kann also auch als Chance gesehen werden und Grund für ein Umdenken sein. Die Maxime “Qualität hat ihren Preis” erhält damit endlich einen höheren Stellenwert. Gleiches gilt auch für die Produktionssicherheit, die für uns alle wesentlich ist. Die Krise kann daher hoffentlich eine Initialzündung sein, die dafür sorgt, dass Produktionsstätten zurück nach Deutschland oder in die EU-Zone verlegt werden.

Über den Autor

Arasch Jalali, 1985 als Sohn einer Deutschen und eines Iraners in Teheran geboren und in Deutschland aufgewachsen, ist Founder und CEO bei PROFISHOP. Der studierte Diplom-Wirtschaftsingenieur und Absolvent der Universität Bremen sammelte seine ersten kaufmännischen Praxiserfahrungen in Führungspositionen bei verschiedenen mittelständischen Unternehmen.

Weitere Informationen unter:
www.profishop.de

Bildquelle / Lizenz Aufmacher: Photo by Ehimetalor Akhere Unuabona on Unsplash

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Smarter Standort Deutschland https://trendreport.de/smarter-standort-deutschland/ Mon, 01 Jul 2019 12:51:26 +0000 http://trendreport.de/?p=20944 Um wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen wir ein Klima, das Innovationen beflügelt, damit aus Visionen Wirklichkeit wird. Die Zukunft beginnt jetzt und es ist unsere Aufgabe, sie mit zu gestalten.

Die Welt im Jahr 2025: Drohnen liefern Pakete in Innenstädten ab, Lufttaxis verbinden Metropolen und Menschen und immer häufiger surrt in den Straßen der elektrische Fortschritt. In den Zentren der Forschung und Entwicklung entstehen, getrieben von intelligenten Algorithmen, Lösungen, um die Geißeln der Menschheit, Krebs und den Klimawandel, endgültig auszuräumen.
Klingt zu schön, um wahr zu sein? Vor sechs Jahren waren das z.B. auch noch Natural Language Processing oder digitale Assistenten, die auf Zuruf reagieren.

Jedoch: Der Standort benötigt ein neues Klima der Innovation. Unternehmen brauchen frischen Wind für neue Produkte und Dienste. Digital Enablement kann dieser frische Wind sein: Data Science, künstliche Intelligenz und übergreifende Collaboration können helfen, Megatrends zu erschließen und Gewinne zu generieren. Jetzt heißt es gestalten statt verwalten.

TREND REPORT ist die aktuelle Wirtschaftszeitung, die zukünftige Trends zum Thema macht. Wir suchen nach neuen Anzeichen, die Wendepunkte im Zeitgeist markieren und verstehen uns als Partner der Wirtschaft. TREND REPORT liegt als Fremdbeilage der Gesamtauflage des Handelsblattes bei.

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Wachstum durch KI https://trendreport.de/wachstum-durch-ki-3/ Mon, 24 Jun 2019 12:42:01 +0000 http://trendreport.de/?p=20694 .avia-image-container.av-jxad4adx-2fff03be1042a32020b9bb9665c091fa img.avia_image{ box-shadow:none; } .avia-image-container.av-jxad4adx-2fff03be1042a32020b9bb9665c091fa .av-image-caption-overlay-center{ color:#ffffff; }

Wachstum durch KI

Das digitale Zeitalter wird zum Zeitalter der Algorithmen. Damit Deutschland konkurrenzfähig bleibt, sind eine strategische Vision, Mut und massive Förderung notwendig.

Im Verlauf des Sommers 1956 fand am Dartmouth College, in Hanover, New Hamp­shire, das Dartmouth Summer Research Project on Artificial Intelligence – der Auftakt der akademischen KI-Forschung. Ziel des Projects war es herauszufinden, „wie Maschinen dazu gebracht werden können, Sprache zu benutzen, Abstraktionen vorzunehmen und Konzepte zu entwickeln, Probleme von der Art, die zurzeit dem Menschen vorbehalten sind, zu lösen, und sich selbst weiter zu verbessern“, wie aus einem Fördergeld Antrag in Höhe von 13.600 US-Dollar hervorgeht.

Doch Jahrzehnte lang blieb vieles graue Theorie und bot allenfalls Stoff für Science-Fiction-Autoren. Zu gering war die Rechenleistung, zu dürftig die auswertbaren Daten. Erst mit der schier unermesslichen Datenmenge, wie sie heute in unserer vernetzten Welt vorliegt kam die Wende. Im Jahr 2013, so belegt eine Studie der Weltorganisation für geistiges Eigentum der Vereinten Nationen, gab es so viele Patentanmeldungen für KI wie in den 50 Jahren zuvor.

Eine Auswertung des Deutschen Patent- und Markenamts belegt dabei die Vormachtstellung der Vereinigten Staaten. Demnach wurden 2018 in Deutschland beim Deutschen und beim Europäischen Patentamt doppelt so viele KI-Patente angemeldet wie von einheimischen Firmen. China liegt dabei noch hinter Deutschland und Japan zwar nur auf Rang vier, allerdings wird auch nur ein kleiner Teil der chinesischen Patente überhaupt im Ausland angemeldet. Dafür sitzen in der Volksrepublik 17 der 20 besten Universitäten der Welt, die sich mit KI beschäftigen. Bis 2030, so das erklärte Regierungsziel Pekings, will das Land die Führungsposition in der KI-Forschung einnehmen und eine staatlich geförderte 150-Milliarden-Dollar-Industrie schaffen.

„Die Machine-Learning-Plattform ermöglicht einen offenen Zugang zu einem bisher sehr kom­plexen und technischem The­ma“, stellt Dr. Elisabetta Castiglioni von A1 Digital dar.

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Prof. Volker Gruhn: „Building AI-based Systems ist unsere Antwort auf die Besonderheiten des KI-Entwicklungsprozesses.“

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Martina Yazgan betont im Gespräch mit der Redaktion: „Es gibt ganz klare Faktoren, die zu einer Effizienzsteigerung durch eine Conversational-AI-Plattform führen.“

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Die TREND-REPORT- Redaktion sprach mit Dr. Jan Christian Seevogel, Senior Vice President DACH bei Avature, über den Einfluss neuer Technologien auf die Personalabteilung.

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KI-Standort Deutschland

Mit der 80-seitigen „Strategie Künstliche Intelligenz“, die von der Bundesregierung reichlich spät Ende 2018 verabschiedet wurde, will sie Deutschland zu „einem weltweit führenden Standort für KI“ und „KI made in Germany“ zu einem Gütesiegel zu machen. Die Erwartung, sich dabei auch mit den Supermächten China und USA messen zu können, scheint angesichts von einem Förderbetrag von lediglich drei Milliarden Euro bis 2025 allerdings doch zu hoch gegriffen.

„In unserer Forschung zu Industrie 4.0, beim autonomen Fahren oder auch im Bereich der Entwicklung von lernenden Systemen für lebensfeindliche Umgebungen nehmen wir bereits einen Spitzenplatz ein“, entgegnet Professor Holger Hanselka, Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). „Das Wissen, das wir aktuell haben, müssen wir in den Markt bringen, sodass es der Gesellschaft und Wirtschaft nutzt“. Zu diesem Zweck will die Regierung ein Dual-Career-Modell etablieren, welches Forschern einen leichteren Wechsel zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ermöglicht und mit konkreten Maßnahmen die Zahl an Gründungen im Bereich KI erhöhen.

Olaf Schulz, Berliner Sparkasse: „Wer in Berlin die Uni mit einer guten Idee verlässt, gründet hier.“

Insbesondere Berlin hat sich dabei zur Start-up-Hauptstadt der künstlichen Intelligenz gemausert und zieht die größten Kapitalgeber des Kontinents an. „Rund 100 Berliner Professorinnen und Professoren befassen sich schon heute mit KI“, begründet Olaf Schulz, Direktor für Firmenkunden bei der Berliner Sparkasse die Vorrangstellung. „Laufend kommen neue digitale Talente nach Berlin, etwa mit der Ansiedlung des Deutschen Internet-Instituts und dem Millionenprojekt Siemensstadt 2.0.“ Beim Gründerpreis der Berliner Sparkasse oder beim Businessplan-Wettbewerb Berlin Brandenburg bringt das Institut digitale Macher mit Unternehmen, Medien und Geldgebern zusammen. „Wer in Berlin die Uni verlässt und eine gute Idee hat, der bleibt und gründet hier,“ weiß Schulz zu berichten, „die Stadt ist jung, kreativ und bietet stabile Netzwerke für Know-how und Unterstützung.“ Wie wichtig es ist, die Start-up-Förderung hierzulande anzuschieben belegt eine Untersuchung der Initiative „appliedAI“ an der UnternehmerTUM GmbH. Immerhin konnten im April diesen Jahres 214 KI-Start-ups identifiziert werden. Doch während das chinesische Start-up Sensetime allein seit 2017 2,1 Milliarden Dollar von chinesischen Risikokapitalgebern und Konzernen wie Alibaba oder Qualcomm erhalten hat, konnten alle deutschen KI-Start-ups zusammen in den letzten zehn Jahren lediglich 1,2 Milliarden Euro einwerben. Höchste Zeit also, hier die Rahmenbedingungen für junge Unternehmen zu verbessern.

Neben der Start-up-Förderung soll insbesondere der deutsche Mittelstand von der „Strategie Künstliche Intelligenz profitieren. Dazu sollen mindestens 20 „KI-Trainer“ kleine und Mittelständische Firmen bei der Implementierung begleiten und beraten. Handlungsbedarf besteht hier allemal.

„Laut einer aktuellen Accenture-Studie setzen nur 18 Prozent der befragten Unternehmen KI-Lösungen in mehreren Geschäftsbereichen ein“, berichtet Dr. Elisabetta Castiglioni, CEO bei A1 Digital.“ Und das obwohl bekannt ist, dass die Digitalisierung von Geschäftsprozessen von hoher strategischer Bedeutung ist und insbesondere künstliche Intelligenz Unternehmen zu Smart Companies transformiert.“ Ihr Unternehmen berät KMU bei der Implementierung branchenspezifischer IoT-Lösungen, weswegen Sie auch aus persönlichen Gesprächen die Probleme kennt: „Angst vor der Komplexität, ein Mangel an Informationen und ein Mangel an Experten, die nicht nur Daten analysieren sondern auch die Bedürfnisse des Unternehmens verstehen.“ Dennoch mahnt sie Entscheidungsträger „ihre Komfortzone zu verlassen und ihre Denkweise zu ändern, um den Sprung zu Smart Enterprises zu schaffen.“

„Falls das notwendige Know-how für künstliche Intelligenz im Unternehmen nicht vorhanden ist, sollten die Verantwortlichen frühzeitig externe Experten hinzuziehen,“ unterstützt sie Prof. Dr. Volker Gruhn, Vorstandsvorsitzender der adesso AG. Dabei gilt es, „die Potenziale der neuen Technologien realistisch abzuschätzen.“

Sabine Obermayr, UiPath

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Professor Dr.-Ing. Holger Hanselka

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Wieland Volkert, PeopleDoc.

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Bastian Lechner, Catana Capital

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Die Bedeutung der Sprache

Besonders vielversprechend erscheinen ihm dabei die diversen Einsatzszenarien von Chatbots. „Das zeigen Gespräche mit unseren Kunden und das spiegelt eine Umfrage wider, die wir unter Unternehmen durchführten“, erläutert Gruhn. „Jedes fünfte Unternehmen setzt so ein System heute bereits ein. Noch einmal genauso viele planen das aktuell für die Zukunft.“

Auch Cog­nigy beschäftigt sich als Spezialist der sogenannten „Conversational AI“ tag­täglich mit automatisierten und in­tel­ligenten Dialo­gen. Diese finden „zwischen einem Convesational Interface, z. B. einem Bot, einem virtuellen Assistenten oder einem Skill, und einem Nutzer statt,“ erläutert Martina Yazgan, Head of Marketing des Unternehmens. Die Einsatzszenarien einer vollautoma­tisierten Kommunikation sind dabei mannigfaltig: „Sei es ein Self-Service im E-Commerce durch Conversational Commerce und Conversational Customer Service oder sei es ein Self-Service in internen automatisierten Prozessen durch Conversational Process Automation wie beispielsweise IT-Helpdesk-Ticketing-Abfragen oder ein Recruiting- und On­boarding-Prozess im HR.“ Dass insbesondere der menschlichen Sprache eine besondere Rolle in der KI-Forschung zukommt, ahnte schon der häufig zitierte Alan Turing. Für ihn hatte eine künstliche Intelligenz eine dem Menschen vergleichbare Denkfähigkeit, wenn ihr kommunikatives Verhalten nicht von dem eines Menschen unterscheidbar ist. Und auch die eingangs erwähnte Dartmouth Conference beschäftigte sich gemäß Förderantrag unter anderem mit der Frage, wie ein Computer programmiert sein müsse, um eine Sprache zu benutzen.In Folge dessen entstand mit dem Natural Language Processing (NLP) ein Teilgebiet der KI, welches sich explizit mit dem Erkennen, Verstehen und Generieren natürlicher Sprache befasst. Der wirkliche Durchbruch in diesem Bereich gelang allerdings erst durch die Möglichkeiten des Machine Learnings, da man erst dadurch im Stande war, dem Variantenreichtum menschlicher Sprache gerecht zu werden.

Professor Dr.-Ing. Holger Hanselka folgte 2001 dem Ruf nach Darmstadt als Direktor des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit und Leiter des Fachgebiets „Systemzuverlässigkeit und Maschinenakustik“ an der TU Darmstadt.

Zum Einsatz kommt NLP auch beim Employee Engagement. People Doc hat hierzu eine Software entwickelt, mit dessen Hilfe sich Mitarbeiterbefragungen effektiver gestalten lassen. „Mitarbeiter beantworten Fragen, in dem sie Freitextfelder ausfüllen“, erläutert Wieland Volkert. „Dank NLP kann umfassenderes Feedback von Mitarbeitern als mit einem einfachen Multiple-Choice-Fragebogen gewonnen werden. Damit können sich Mitarbeiter auch zu Themen äußern, die nicht explizit abgefragt werden.“ Das verschafft Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil, denn sie können aus den Ergebnissen Mehrwerte für Mitarbeiter schaffen. In der Konsequenz sind die Mitarbeiter entsprechend motivierter und fühlen sich ihrem Arbeitgeber verbunden. „Wer versteht, was die eigenen Leute motiviert und inspiriert, hält Schlüssel zu einem erfolgreichen Unternehmen in der Hand“, so Volkert.

Über Natural Language Processing hinaus geht der Begriff der „Pragmatic AI“ den Sabine Obermayr, Marketing Director Central Europe bei UiPath, in den Ring wirft: „Pragmatic AI heißt für uns, dass Software-Roboter in der Lage sind, neue Fähigkeiten zu erlernen. Diese Fähigkeiten beziehen sich auf pragmatische KI-Funktionen, die spezifische Kundenprobleme lösen und einen schnellen Return on Investment liefern. Wir bringen damit Robotic Process Automation auf die nächste Stufe.“ Zu den vier dafür essenziellen Bereichen zählt sie neben dem bereits diskutierten „Konversationsverständnis“ noch „visuelles Verständnis, Dokumentenverständnis und Prozessverständnis.“ Dabei haben spezielle Machine-Learning-Technologien „sogar die Möglichkeit, Absichten und Stimmungen zu registrieren – und etwa bei Unzufriedenheit eines Anrufers im Callcenter gleich eine besänftigende Aktion anzustoßen.“

Oder um relevante Nachrichten, Artikel, Bloginhalte und Tweets rund um die Uhr zu analysieren und in Handelssignale umzuwandeln, könnte man Bastian Lechner, CEO von Catana Capital in den Mund legen. Sein Unternehmen hat mit dem Data Intelligence Funds (ISIN: DE000A2H9A68) einen Fonds entwickelt, der genau in dieser Art Markt-Sentiments nutzt und zusammen mit den Daten aus historischen Kursbewegungen vorhersagen zur Marktentwicklung trifft.

„Wir geben immer noch die Leitplanken vor und setzen die Rahmenparameter, Exposure-Limit, Gewichtungen, etc.“ geht Lechner dabei auf die noch bestehende Aufgaben des Portfoliomanagers ein. „Jede Order wird von uns noch mit einem finalen Klick bestätigt.“ Am Ende ist es also immer noch der Mensch, der die entscheidende Handlung ausführt und somit auch die Verantwortung übernimmt. Der Mensch, der mit der Maschine zusammenarbeitet.

Machine Learning war der Durchbruch für NLP

Kollege KI

Mit dem Lesen menschlicher Emotionen durch eine KI beschäftigt sich auch Prof. Dr.-Ing. Barbara Deml, Institutsleiterin des Instituts für Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation am KIT. Ihr Ziel ist die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine jetzt und in Zukunft zu verbessern. „Was machen wir, wenn ein Kollege gestresst ist“, fragt sie rhetorisch. „Wir verhalten uns entsprechend und versuchen nicht, noch mehr Stress zu verursachen.“ Genau das sollten künftig auch Maschinen machen. Um Maschinen in diesem Kontext die richtigen Verhaltensweisen antrainieren zu können, muss allerdings erst das menschliche Verhalten besser verstanden werden.

Prof. Dr.-Ing. Barbara Deml leitet das Institut für Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation am KIT

Prof. Dr.-Ing. Barbara Deml leitet das Institut für Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation am KIT

Um zu erfassen, was sich in unserem Verhalten verändert, wenn wir müde oder ratlos sind und eine bestimmte Assistenz benötigen, analysiert sie weit mehr als die menschliche Sprache. „In unseren Forschungen spielt die Analyse von Körperbewegungen, vor allem von Augen- und Blickbewegungen, eine wichtige Rolle, aber auch physiologische Parameter, wie die Herzaktivität oder die Hautleitfähigkeit, sind relevant“, so Deml. In Mensch-Maschine-Systemen sieht sie eine Chance noch potenter zu sein. „Wir werden mit dieser Unterstützung unsere Arbeit wahrscheinlich viel besser ausführen können.“

Dem pflichtet auch Christian Seevogel, Senior Vice President DACH bei Avature bei. Sein Unternehmen entwickelt KI-Systeme speziell für den HR-Bereich. Speziell hier sieht er die Chance „die Mitarbeiter von operativen zeitaufwendigen Tätigkeiten zu entlasten“ und ihnen damit die Möglichkeit zu geben „mehr Zeit zu verwenden, für herausforderndere und spannendere Tätigkeiten.“

Sowohl Deml als auch Seevogel sind durch ihre Arbeit immer wieder mit dem Problem der Angst der Mitarbeiter bezüglich der neuen Technologien konfrontiert. „Arbeit ist so zentral für die meisten von uns; wir definieren uns oft ganz maßgeblich darüber“, zeigt Deml Verständnis für die Sorgen angesichts der „disruptiven Veränderungen, von denen immer die Rede ist.“ Während sie von den Mitarbeitern einfordert sich in die KI-Debatte mit einzubringen, damit die Einführung nach deren Vorstellung gestaltet werden kann, sieht Seevogel eine Hauptursache in der Intransparenz, die es zu überwinden gilt. Er fordert, darauf zu achten, nur eine sogenannte White-Box-KI einzuführen. So wäre gewährleitstet, dass die von der KI-Entscheidung Betroffenen gegebenenfalls fundiert widersprechen können. Den Stellenwert der Transparenz unterstreicht auch Prof. Gruhn von adesso: „Wenn Menschen den Eindruck haben, Maschinen in einem kafkaesken Szenario ausgeliefert zu sein, werden sie kaum offen sein für die positiven Aspekte von KI. Mit Algorithmen lässt sich schlecht diskutieren.“

KI und IT-Security

Zuletzt müssen auch die Bedenken um den Datenschutz ernstgenommen werden. „Sie müssen entweder die erforderlichen Einwilligungen bei den Kandidaten einholen oder durch Anonymisierung und Pseudonymisierung der Daten dafür sorgen, dass sie diese nutzen können,“ so Seevogel.
Die Forschung von Anonymisierungs- und Pseudonymisierungsverfahren sollen genau deshalb auch dem Willen der Bundesregierung nach weiter vorangetrieben werden. Laut Strategiepapier sollen hier überzeugende Modelle entwickelt werden, damit die Bürger bereit sind ihre Daten auch zu Forschungszwecken zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich sollen Daten künftig synthetisch erstellt werden und Unternehmen sollen, unter Einbindung der Kartellbehörden, untereinander „Datenpartnerschaften“ eingehen können.

Natürlich müssen die Daten auch vor Cyberangriffen geschützt sein, um nicht in die Hände unbefugter Dritter zu gelangen. Dabei können KI und Machine Learning selbst genutzt werden, um die Sicherheit signifikant zu erhöhen. Beispielsweise können Anomalien so schneller erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Andererseits können aber auch Cyberkriminelle künstliche Intelligenz nutzen, um beispielsweise Schwachstellen, die für einen Angriff genutzt werden können, schneller aufzufinden. „Zwischen Angreifern und Verteidigern der IT-Sicherheit entfacht die KI einen neuen Wettlauf“, beobachtet Jörn-Müller Quade, Inhaber des Lehrstuhls für Kryptographie und Sicherheit am KIT. „Unternehmen und Behörden müssen deshalb rasch entsprechende Kompetenzen aufbauen und in neue Technologien investieren.“

IT-Sicherheit ist schließlich auch ein integraler Bestandteil digitaler Souveränität, dessen Wahrung für Prof. Hanselka Grundvoraussetzung ist, „damit die Industrie Vertrauen in KI gewinnt. Er fordert, „dass wir unser Wissen rasch für neue KI-Anwendungen und Geschäftsmodelle nutzen, denn lernende Systeme sind ein zentraler Wettbewerbsfaktor für die Zukunfts­fä­higkeit des Innovations­standortes Deutsch­land.“

von Andreas Fuhrich
a.fuhrich@trendreport.de

CC BY-SA 4.0 DE

 
 
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Wettbewerbsfaktor Lernende Systeme für den Innovationsstandort Deutschland https://trendreport.de/kit-lernende-systeme/ https://trendreport.de/kit-lernende-systeme/#comments Mon, 25 Mar 2019 07:30:28 +0000 http://trendreport.de/?p=18624

Im Gespräch mit der TREND-REPORT-Redaktion erläuterte Herr Prof. Holger Hanselka, Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), den zentralen Wettbewerbsfaktor Lernende Systeme für die Zukunftsfähigkeit des Innovationsstandortes Deutschland.



Herr Prof. Hanselka, welche Chancen bieten sich für den Standort Deutschland im Kontext neuer KI-Technologien?

Lernende Systeme, die auf Methoden und Technologien der Künstlichen Intelligenz basieren, werden zunehmend zum Treiber der Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft. Man denke nur an Industrie 4.0, medizinische Diagnostik, Autonomes Fahren sowie die Unterstützung von Rettungskräften in Katastrophengebieten. Das wirtschaftliche Potenzial dieser Systeme für Deutschland ist enorm: Bereits heute entstehen völlig neue Geschäftsmodelle, welche die traditionellen Wertschöpfungsketten drastisch verändern.

Dies bietet Chancen für neue Unternehmen, kann aber auch zur Bedrohung für etablierte Marktführer werden, wenn diese nicht rechtzeitig reagieren. In Deutschland ist es unser erklärtes Ziel, dass Künstliche Intelligenz dem Menschen dienen soll, nicht umgekehrt. So steht es auch in der KI-Strategie der Bundesregierung. Dies ist auch der Kerngedanke Plattform Lernende Systeme, in der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenarbeiten, um die Chancen, die KI bietet, bestmöglich für Deutschland zu nutzen.

Die deutschen Investitionen in KI-Technologien, im Vergleich zu den USA und China, fallen eher nüchtern aus. Wie können wir mit der Forschung am Ball bleiben?

In unserer Forschung zu Industrie 4.0, beim Autonomen Fahren oder auch im Bereich der Entwicklung von Lernenden Systemen für lebensfeindliche Umgebungen nehmen wir in Deutschland bereits einen Spitzenplatz ein. So halten deutsche Unternehmen weltweit die meisten Patente zum Autonomen Fahren. Auch in der IT-Sicherheit, eine wichtige Voraussetzung für Industrie 4.0, sind wir wissenschaftlich weit vorne.

Beispielsweise erforschen wir am Karlsruher Institut für Technologie in unserem Kompetenzzentrum für IT-Sicherheit KASTEL, wie sich KI nutzen lässt, um gegen Angreifer gewappnet zu sein und wie man sich gegen menschlich und künstlich intelligente Angreifer-Systeme wehrt. Damit die Industrie Vertrauen in KI gewinnt, ist es erforderlich, dass wir die Digitale Souveränität wahren können.

Die Herausforderung im Zusammenspiel von Wissenschaft und Wirtschaft ist aktuell, dass wir unser Wissen rasch für neue KI-Anwendungen und Geschäftsmodelle nutzen, denn Lernende Systeme sind ein zentraler Wettbewerbsfaktor für die Zukunftsfähigkeit des Innovationsstandortes Deutschland.

Wie können wir mehr Start-ups im Kontext der neuen Technologien an den Start bringen und fördern?

Wichtig ist eine Gründerförderung auf allen Ebenen. Daher sieht die KI-Strategie der Bundesregierung konkrete Maßnahmen vor, um die Zahl der Gründungen im Bereich der KI zu erhöhen, von Beratungsangeboten bis hin zur Bereitstellung von Wagniskapital. Klar ist: Das Wissen, das wir aktuell in Deutschland haben, müssen wir in den Markt bringen, so dass es der Gesellschaft und Wirtschaft nutzt. Auch am KIT fördern wir massiv Ausgründungen. Zwei Beispiele: Das 2016 gegründete Unternehmen ‚Understand ai‘ mit Wurzeln am KIT kombiniert Machine Learning mit menschlicher Sorgfalt und bereitet mithilfe selbstlernender Algorithmen Daten für das Autonome Fahren auf.

‚Things Thinking‘ setzt KI ein, um große Textmengen in kurzer Zeit zu analysieren, was beispielsweise Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Kanzleien weiterhilft. Wichtig ist, dass wir Gründern in jedem Schritt des Unternehmensaufbaus systematisch Beratungsangebote an die Hand geben. Dies bedeutet auch, dass wir im Sinne einer Kultur des Scheiterns gesellschaftlich anerkennen, dass junge Unternehmen auch von negativen Erfahrungen lernen und dadurch immer besser werden.